El Salvador: "Sucht sie!"

Mittwoch, 13. Januar 2016



(zas, 13.1.16) José Guillermo García ist ein Killer. Der Militär war Anfang der 80er Jahren Kriegsminister in El Salvador und setzte sich nach seiner Ablösung durch Vides Casanova in die USA ab. Lange Jahre blieb er unbehelligt, obwohl er einer Hauptverantwortlichen für die bestialischen Massaker jener Jahre der Diktatur war. Doch Folteropfern, Opferangehörigen und der Menschenrechtsorganisation Center for Justice & Accountability (CJA) gelang es schliesslich, den Mann vor die US-Justiz zu bringen. Die US-Migrationsjustiz verurteilte ihn 2014 wegen schwerer Menschenrechtsverletzungen zur Deportierung nach El Salvador. García appellierte dagegen, unterlag aber definitiv letzten Dezember. Am 9. Januar 2016 musste der Mann mit anderen Deportierten ein von der US-Migrationsbehörde ICE gemietetes Flugzeug für den Flug nach El Salvador besteigen.  Hauptgrund für den Schuldspruch: Mitwisserschaft und Mittäterschaft bei Folter (neben migrationstechnischen Elementen). 
Kampf gegen die Straflosigkeit. Quelle: CJA
 Die Deportierung freut, trotz einem bitterem Nachgeschmack.  Es ist ausgerechnet die Justiz jenes Landes, die die Kriegsverbrecher damals nicht nur finanzierte, sondern ausbildete und ihr „Wirken“ kontrollierte, die jetzt herausfindet, was damals wider alle Evidenz vom US-Staat stets bestritten wurde, dass nämlich US- local assets systematisch Verbrechen begangen haben. Wie im Fall seines letztes Jahr ebenfalls aus den USA nach El Salvador deportierten Amtsnachfolgers Vides Casanova und in anderen Fällen, in denen sich die US-Justiz mit den Kriegsverbrechen in El Salvador befasst, taucht selbstredend nicht der Hauch einer Ahnung von aktiver US-Verantwortung dafür auf. Das dürfte der Preis für den Eintritt in die neue transnationale „humanitäre“ Justiz sein.
García ist also am 9. Januar in sein Land zurückgekehrt, wo ihm kaum Ungemach droht. Die salvadorianische Justiz weigert sich bisher systematisch, Menschenrechtsverbrechen zu ahnden. García trifft in El Salvador auf eine Menge Komplizen. Etwa auf die für die Ermordung der Jesuitenpadres 1989 direkt verantwortliche Armeeführung. Ein Fall, der die salvadorianische Öffentlichkeit weiter aufwirbeln könnte. Denn der erzreaktionäre spanische Richter Eloy Velazco vom Staatsgerichtshof Audiencia Nacional hat erneut die Gültigkeit eines Auslieferungsbegehrens gegen die damalige Armeeführung bestätigt, obwohl Spanien unter dem PP die Zuständigkeit seiner Justiz für Verbrechen gegen die Menschheit drastisch eingeschränkt hat. Einige der ermordeten Jesuiten waren spanische Bürger. Die Mörder laufen in El Salvador frei herum. (Selbst vom rechten Amnestiegesetz, das oft als Haupthinderungsgrund angeführt wird, wären die Jesuitenmorde nicht gedeckt.) Chato Vargas, Mitglied der damaligen Armeeführung und heute Parlamentarier der rechten Partei ARENA,  wusste zum spanischen Auslieferungsansinnen Folgendes anzumerken: Das sei, „wie wenn ein salvadorianisches Gericht 4000 Spanier wegen all der [ermordeten] Indios holen würde.“  In die gleiche Kerbe hieb auch Jorge Velado, Chef der rechten, früher regierenden  ARENA-Partei :  „Wie ist es möglich, dass Spanien, das den Richter Baltasar Garzón sanktionierte, weil er vergangene Fälle des tragischen spanischen Bürgerkriegs wieder beleben wollte, jetzt Vorfälle im salvadorianischen bewaffneten Konflikt wieder aufwärmen will und so unsere nationale Souveränität verletzt“? Fast schon hackt eine Krähe der anderen ein Auge aus.
García weiss, wohin er zurückkehrt. Am Flughafen, wo ihn auch eine eiligst zusammengetrommelte Gruppe von überlebenden Opfern und MenschenrechtsaktivistInnen erwartete und mit dem Ruf „Mörder“ empfing, wiederholte er nur permanent: „Que viva El Salvador!“  Doch einmal liess sich der heute 83-Jährige sich zu einer weiteren Aussage bewegen, als ihn die Compas mit der Frage bedrängten, wo ihre Verschwundenen seien. Höhnisch warf er hin: „Sucht sie!“
García am Flughafen: "Sucht sie!"